Wappen von Aardarsfjord
Kunde aus Aardarsfjord - dem Land der Apfelwichte und Wetterhexen




Vom Fluch der Wetterhexen

So wie es sich die Leute derzeit an den prasselnden Kaminen in den Wallsiedlungen, Dörfern und Burgas erzählen:

Die Wetterhexen ziehen wieder durchs Land und die dunkle Geisterwelt ist erwacht. Dieser Tage wird vielerorts von schaurigen Geisterdingen berichtet und auch das räuberische Graue Wiesel tanzt immer dreister im Land umher. Seit einiger Zeit verbreiten sich aufs Neue im Lande die alten Schreckensgeschichten über den geisterhaften Geirrod, den viele doch zu vergessen hofften. Jeder spürt es in den Feldern und Wäldern, die thalhafte Geisterwelt drängt wieder empor. Ich berichte euch nun von den jüngsten Schrecknissen und wie sich das Thalhafte nun offenbart hat.

Die unheilvollen Vorzeichen hatten sich in den letzten Jahren zunehmend gemehrt: Die Jäger im Grauwald beobachten immer wieder, dass vom Norden her aus der Kältesteppe darbende Wölfe ins Land strömen, stets noch vor der ersten Winterkälte. Sie streifen durchs Land, als wären sie auf einer rastlosen Suche. Im Süden kommen aus den Haldors Mooren die Irrlichter. Sie breiten sich Nacht für Nacht aus, als wollten sie das Land in Besitz nehmen. Von den Wächtern an den Grenzen zum Brachland kommt die Kunde, dass die Tiere von einer großen Unruhe erfasst seien. Viele wanderten ab, gar regelrecht fliehen sollen viele. Auch die Rentierherden mieden dort ihre angestammten Pfade. Alles dies waren unheilvolle Boten, für das was kommen sollte:
Zwei der Enkel des Aardenkönigs sind in einen tiefen Schlaf gefallen, aus dem sie bis heute nicht erwacht sind. Obwohl sie nichts essen, verhungern und verdursten sie nicht. Sie träumen schwer; ein böser Fluch. Die beiden Schlafenden – Leda und Elsung – brachte man zu den Eredilen, an einen sicheren Ort. Und Zeit verging.

Die Forderung vor dem Aarenfels: Vor dem Aarenfels wurde es schließlich offenbar. Die Wetterhexen haben finstere Pläne geschmiedet und so hat es sich vor den Mauern der Felsenstadt zugetragen:
Eine gnomenhafte Wetterhexe, deren Augen man in ihren tiefen Augenhöhlen kaum erkennen konnte, schlich während einer mondlosen Nacht vor die Mauern und verkündete mit scheußlich kratzender Stimme die Forderung ihrer Schwestern: Die Hände des Geirrod. Sie wollen des Verräters abgeschlagene Hände aus der Keilerfeste. Dafür sollen alle derzeit Schlafenden erwachen. Der alte König Krauselbart schaute selbst von den Felsenzinnen herab und entschlossen verkündete er, dass die Hände des Todlosen niemals die Feste verlassen werden, wenngleich dies auch großes Leid bedeute. Verließen die Hände die Feste, käme mit Sicherheit Leid und Tod umso furchtbarer über das Volk. Zu keiner Zeit werde ein Aardarsfjorder König auf Forderungen der thalen Wetterhexen eingehen und niemals werde für die dunkle Schwesternschaft der Wind sanfter Gnade wehen.
Die Wetterhexe erwiderte mit gehässig spöttischem Lachen, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis der ach so große Krauselbart auf die Knie fallen werde, um Frieden für das Volk zu erbetteln. Er sei ein ältlicher Narr, weil er mit seinem ach so scharfen Adlerblick das Ausmaß des Fluches noch immer nicht erkannt habe. Der Immerschlaf werde im Lande noch mehr Kinder, Frauen und Männer ereilen und keiner könne wissen, wann sie sterben. Ebenso werden in den Dörfern noch mehr Leute verschwinden. Keiner werde wissen, was mit den Liebsten, den Verwandten und Freunden geschehe. Die Hroki spännen weiter ihre Flüche und die Schlafenden und Verschwundenen seien Leidensgeiseln. Und das nur, weil ihr Greisenkönig nicht mehr klaren Verstandes sei. Herab gegossener Unrat brachte die Hexe zum Verstummen und sie konnte, trotz unermüdlicher Anstrengungen, schier spurlos in den Wäldern verschwinden.

Kunde aus dem Land: Die rachsüchtigen Wetterhexen aus dem Brachland treiben ein schändliches Werk voran. Niemand weiß, wie viele sie sind, doch sind sie mit den todlosen Rothenaarern im dunklen Bunde. Es heißt, sie seien die boshaften Schwestern der Ainen - halb dunkle Feen, halb Menschen. Das Wetter können sie zum Schlechten wenden und sie vermögen es, den Verstand von Menschen und gar der guten Zauberwesen zu vergiften. Mit der Zauberkraft der Wetterhexen werden aus Gutherzigen verschlagene und niederträchtige Wesen. Sie lassen Leute, am liebsten die Jungen und die Kinder, verschwinden und bringen den Immerschlaf, auch Hexenbangnis genannt, übers Land. Die Betroffenen in den abgelegenen Dörfern und Burgas ahnten bisher nichts davon, dass dieser Fluch nicht nur ihre Last allein sein sollte. Neuigkeiten reisen oft zu lange durchs Land. Das Volk wird in verschiedenen Landstrichen schon seit geraumer vom Fluch heimgesucht und erst jetzt wird das Ausmaß deutlicher. Die Eredilen und Seidmadir forschen nach der Quelle des Übels und nach einer Abhilfe. Das ist nun ihr Hauptaugenmerk und auf kaum andere Dinge lassen sie sich noch ein. Noch weiß keiner, wie viele Menschen derzeit schlafen oder verschwunden sind. Anscheinend ist das Kernland, die Altronde, noch nicht so betroffen, wie das abgelegene Rauland. Es ist wohl eine Frage der Zeit, bis die Schatten auch in die Altronde häufiger vordringen werden. Die Leute sagen, im Norden sei eine ganze Dorfbevölkerung verschwunden. Ich selbst weiß, binnen eines halben Jahres verschwand des Nächtens aus unserem Dorf eine alte Frau und in einem Nachbardorf suchte der Immerschlaf zwei Kinder heim. Manche wollen garstig zischende Geister aus den Mooren gesehen haben. Wie furchtbar, die gefräßigen Rotkappen nagen und beißen auf allem herum und die Moorlinge treiben mit Gefangenen gerne bösartige Späße. Viele Wölfe ziehen mit den Geistern. Es scheint so zu sein, dass die große Jagd der Geister und Wölfe stets mit dem Kommen der ersten Winterkälte zunimmt; dann wenn die weiße Fee des eisigen Silberschweifs ihre Herrschaft über das Land fordert.

Den Wetterhexen und Geistern zur Wehr: So wie ich euch weiter gebe, wie man sich zur Wehr setzen kann, so gebt ebenfalls das Wissen an andere weiter. Die Zeit eilt. Schützt eure Heime.
Die meisten, die verschwunden sind, ereilte ihr Schicksal in der Nacht. Ob sie von thalhaften Geistern, schleichenden Wölfen oder finsteren Räubergesellen geholt werden, ist wohl letzten Endes einerlei, sie jagen alle für die boshaften Wetterhexen. Haltet nun besonders in den Winternächten verstärkt Wache und verschließt gut eure Türen und Fenster. Bessert eure Wälle und Mauern aus, falls möglich, baut sie höher. Gut ist es, fließendes Wasser als Bach vor die Wälle zu leiten. Stets sollte man wissen, wo die Leute hingehen und wo sie zu verbleiben gedenken. Nur der Übermütige wandelt allein in den Winternächten draußen grundlos umher. Stellt euch gut mit den freundlichen Geistern. Sie werden euch irgendwie warnen oder helfen, sofern sie sich mit euch im Bunde fühlen. Bemüht euch also um sie mit Geschenken und bedenkt stets, dass sie vielerorts vor uns da waren. Mit Schälchen voll Milch oder Wein vor euren Türen macht ihr ihnen eine Freude, und sie werden es euch sicherlich danken.

Selbst schon habe ich erlebt, dass Folgendes sicher gegen Geister und Zauberei der Wetterhexen hilft: Nie sollte man unbedacht einen Fremden hereinbitten ... Ist übles Volk erst mal unerkannt ins Haus gelassen worden, werden sie heimlich Spukdinge hinterlassen, damit die Häscher es in der Nacht einfacher haben. Als ich einer Frau die Einkehr in mein Haus nicht gestattete, funkelten auf einmal ihre Augen und ihr Gesicht wurde ganz faltig und grau. Sie konnte offenkundig nicht ohne Einladung ins Haus und ihre Zunge war plötzlich gespalten, wie die einer Schlange. Sie schimpfte und verfluchte mich, aber als ich die Axt bei der Hand hatte, war sie auch schon verschwunden. Ein Messer mit versilberter Schneide verletzt jeden Geist. Das ist eine lohnende Anschaffung. Mein Nachbar schlug so mit einem Hieb einem Moorling drei Finger ab, als dieser mitten durchs Küchenfenster krabbeln wollte. Die abgeschlagenen Finger verwandelten sich sofort in modriges Holz. Eine Handvoll Salz wirkt ebenfalls Wunder gegen Geister. Hängt auch weiße Bänder an Türen, Fenster und jeden möglichen Durchschlupf. Das schreckt viele Geister ab. Haltet stets ein Feuer in Gang, damit ihr die Wölfe vertreiben könnt. Ach ja, auf Wegen sollen nun sogar wieder verhexte Edelsteine zu finden sein. Ich muss euch ja nicht sagen, was das bedeutet. Seid stets in Sorge und macht einfach alles, was euch schon die Urgroßeltern empfahlen.

Und zu guter Letzt: Sowie es klopft und ihr niemanden erwartet, dann macht am besten die Tür erst gar nicht auf. Ich sage es euch, seid ja wachsam in den kalten Nächten, die Wetterhexen ziehen wieder quer durchs Land und die dunkle Geisterwelt ist erwacht.

 

 


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