Aus der Hjartarhorn: Vom Tanz der Feengeister
Die
Goldene Zeit: ... Nachdem die Sippen ihren Heimatboden
im neuen Land erstritten hatten und sesshaft geworden waren,
mehrte sich das Volk und man war dankbar für die Gaben
des Landes. Man achtete die Natur und deren Geister und so gab
es erstmals wenig zu beklagen. Die meisten schlossen Freundschaft
mit den Clawni, dem Ziehenden Volk aus dem Norden. Die missgünstigen
Nachbarvölker des westlichen Salzlandes siedelten weit
entfernt der eigenen Siedlungen und die Rotschöpfe samt
ihrem Glauben waren zum großen Teil vertrieben worden.
Nur die Rothenaarer Sippe brachte immer wieder den Unfrieden
ins Land ...
Das Haus der Feengeister: … Auf
den Mauern seiner Felsenburg stand König Aardorich im Kreise
seiner Söhne und Krieger. Ein dichter Nebel senkte sich
und eine Seherin erschien und lud den König und sein Gefolge
ein, ihr zu folgen. Sie bewegten sich zu einem geheimnisvollen
Haus. Darin saß ein kleines Mädchen auf einem Thron,
das die Herrschaft über das Land verkörperte, und
bei ihr saß auf einem anderen Thron eine weitere, aber
stille Gestalt. Dahinter standen feenhafte Gestalten, zu denen
sich sonderbar gekleidete Seherinnen der Clawni gesellten. Eine
wundersame Musik und dämmriges Licht erfüllte den
Raum. Die verwirrten Besucher wurden von seltsamen Zauberwesen,
den bockbeinigen Hornemane – halb Mensch, halb Tier –
mit Speisen und Trank bewirtet.
Der Feentanz: Die Lachsfee der Kühlen
Tiefen trat zu Aardorich heran und flüsterte ihm zu, dass
nun die Verstorbenen seines Volkes durch ihr Wasserreich reisen
dürften. Das Wegerecht auf den Silberpfaden gelte aber
stets nur einmal. Aardorich verstand es und dankte. Die Blütenmaiden
zogen sanft aber bestimmt den Menschenkönig an sich heran
und tanzten mit ihm durch den Raum. Dabei sangen sie ihm verspielt
zu, von nun an könnten im Frühling wieder die Saat,
die Wünsche und die Träume in die Erde gelegt werden.
Die Feen des Güldenfangs befreiten Aardorich aus dem Tanz
und zogen ihn wieder zu Tisch. Sie ließen dort Korn und
Früchte durch ihre Hände gleiten und frohlockten,
dass nun der Sommer und das Wachstum wieder im Lande erstarken
werden. Aardorich konnte nicht danken, denn die vier tanzenden
Sturmtöchter rauschten heran, zerzausten seine Haare und
fauchten in seine Ohren, sie würden nun wieder im Herbst
über die Zeit der Ernte wachen und den Güldenfang
im Zaum halten. Wiederum konnte der König keine Dankbarkeit
zeigen, da er von einer eisigen Hand erfasst wurde. Ihm fröstelte
es in Mark und Bein. Die Weiße Fee des winterlichen Silberschweifs
hauchte erhaben, dass sie auch weiterhin die meiste Zeit des
Jahres beanspruchen werde. Gleichwohl werden aber auch die kommenden
Winter dem Menschenvolk Zeiten des Friedens schenken. Unsicher
dankte Aardorich der Winterfee. Doch flugs wurde ihm eine Schale
vor die Nase gehalten, in der frisches Obst rasant dahinwelkte.
Ernstblickende Feen ermahnten den König, stets solle das
Volk die Gaben des Landes achten. Nichts werde mehr für
die Menschen ausreichend wachsen, wenn mangelnde Achtung gegenüber
der Natur Einzug halte. Der König müsse stets die
Alten Rituale einhalten, sonst fehle die notwendige Ehrerbietung.
So zogen, drehten und zerrten noch weitere Feengeister an Aardorich
herum – so die Altfeen, der Wurzelflüsterer, der
Herrscher über Fäulnis und Asche, der Wilde Jäger
und die Dunkle der abtrünnigen Verderbnis. Sie stellten
sich vor, bekundeten ihre freundschaftlichen Absichten gegenüber
den Menschen, aber erhoben auch ihre Forderungen. Der verwirrte
und zunehmend schwindlig gewordene Aardorich dankte stets, soweit
er es verstand.
Dann jedoch erhob sich die stille Gestalt auf dem Thron und
schlagartig kehrte Ruhe ins Treiben hinein. Der Herrscher von
Arnun, der Herr des Niederschattens und der Todlosen, tat Aardorich
mit argwöhnischer Stimme kund, er sei kein Freund der wankelmütigen
Menschen, die soviel Schlechtes gebracht hätten. Er werde
zwar nun dazu angehalten den Zorn gegenüber den Menschen
zu mäßigen, da der Krieg gegen die Rotschöpfe
endlich vorbei sei, aber jeder Zeit werde er zurückkehren,
sobald auch die Sippen der Menschen, die mit Aardorich ins Land
kamen, wider der Natur handelten. Aardorich sprang empört
auf. Er bot dem Dunklen König die Stirn und erwiderte,
dass zu viele Krieger im Kampf gegen die Rotschöpfe gestorben
wären, doch von einem Beistand eines Dunklen Königs
wisse er nichts. Noch bevor der erboste Feengeist etwas sagen
konnte, fasste das Mädchen auf dem Thron, die sich rasch
zu einer Frau verwandelte, besänftigend die Hand des Dunklen
Königs. Sie dankte Aardorich, da er in der Tat das Land
vom dunklen Götterglauben der Rotschöpfe befreit habe.
Er sei nun der neue König des Landes. Sie weissagte ihm
die Dauer seiner Herrschaft und die seiner Nachfolger …
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